Die Haushaltrede des Fraktionsvorsitzenden vom 16.02.2023
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Mitglieder des Stadtrates, sehr geehrte Anwesende, in der Haushaltsklausur am 27.1.2023 wurden wir Stadträte wieder von Herrn Dendorfer und seiner Mitarbeiterin Frau Rommel umfassend über die Finanzsituation der Stadt Traunstein informiert, so dass wir unsere Schlüsse daraus ziehen können. Dafür herzlichen Dank an die Kämmerei.
Beim diesjährigen Rekordgesamtvolumen von 97,02 Mio €, welches sich aufteilt in 69,3 Mio € Verwaltungshaushalt und 27,72 Mio € Vermögenshaushalt, gilt es wieder, die wichtigsten Indikatoren im Blick zu haben. Dies ist zum einen die Zuführung vom Verwaltungs- in den Vermögenshaushalt, welche die Leistungsfähigkeit einer Kommune darstellt und für 2023 nur noch bei 1,8 Mio € liegt und gerade noch die gesetzliche Mindestzuführung, welche die Höhe der ordentlichen Tilgung ist, erreicht. Leider ist damit zu rechnen, dass die kommenden Jahre, wie die Finanzplanung zeigt, kaum besser werden, das heißt, anstehende Investitionen und freiwillige Leistungen müssen über weitere Kreditaufnahmen erfolgen. Das verschärft die Schuldenproblematik massiv, wir werden Ende 2023 voraussichtlich bei 23,42 Mio.€ stehen und kamen von 14,87 Mio € Anfang 2023.
Im Haushaltsjahr 2023 ist eine Kreditaufnahme von 10,35 Mio € erforderlich, um die geplanten Investitionen und Tilgungsleistungen zu erfüllen. Natürlich ist es so, dass wir als Gegenwert entsprechenden Werte schaffen, die sinnvoll und wichtig sind, wie z.B. Kindergärten, Schulen usw., aber auch viele, welche bei den Fraktionen teilweise konträr gesehen und unterschiedlich gewichtet werden in ihrer unbedingten Notwendigkeit und Ausführung. Und hier ist enorm viel Spielraum, unseren Haushalt in die eine oder andere Richtung zu lenken. Grundsätzlich sehen wir eher ein Ausgaben – statt eines Einnahmenproblems, wobei mehr Einnahmen natürlich immer gut sind.
Wie wir als Traunsteiner Liste aufgrund der vorgestellten Zahlen und dem daraus resultierenden Finanzrahmen die Zukunft gestalten wollen, soll in einigen Schwerpunktthemen dargestellt werden.
Ein äußerst wichtiges ist die Wirtschaftskraft. Sehr erfreulich dabei ist die gestiegene Gewerbesteuer von ca. 15 Mio € auf ca. 17 Mio € im Jahr 2022. Und diese Summe wird für 2023 auch angenommen.
Diese Steigerung von 2 Mio € war vor einem Jahr nicht unbedingt erwartet worden. Und wenn man die erst vor kurzem gemachte Aussage von unserem Kämmerer hört, dass diese Zahl von einigen wenigen Großsteuerzahlern kommt aber hauptsächlich von kleinen und mittleren Betrieben, ist das höchst erfreulich. Das bestätigt auch unsere Grundeinstellung, dass Wirtschaftswachstum nicht zwangsläufig verbunden sein muss mit natürlicher Ressourcenverknappung von Grund und Boden, sondern in bestehenden Strukturen in einem attraktiven Umfeld am gesündesten ist. Und offensichtlich hat Traunstein hier einiges zu bieten. Und deshalb sollen, wie schon öfter erwähnt, unsere kleinen und mittleren Handwerksbetriebe und Einzelhandelsgeschäfte über Auftragsvergaben und Beschaffungsmaßnahmen im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten bevorzugt werden.
Zum Thema Wohnraumbereitstellung für eine wachsende Bevölkerung liegt unser Schwerpunkt auf der Bereitstellung von Wohnungen im unteren bis mittleren Einkommenssegment. Darum begrüßen wir die Aktivitäten unserer neu gegründeten Wohnungsbaugesellschaft in dieser Richtung. Wir hätten uns auch deshalb z.B. im Baugebiet Seiboldsdorf einen Vierseithof mehr, der diesen Zweck dienen soll, anstatt von vielen Einfamilienhäusern, gewünscht. Denn wir befürchten, dass sich diese Einfamilienhäuser, auch Leute die im sog. Ansiedlungsmodel zum Zuge kommen, wegen immens steigender Baukosten und der inflationären Entwicklung immer schwieriger leisten können. Beim Ansiedlungsmodel an sich begrüßen wir, dass sich eine klare Mehrheit dem Wunsch des Oberbürgermeisters anschloss, bei der Punktevergabe Menschen zu belohnen, welche aktiv bei einer der Blaulichtorganisationen wie Feuerwehr, THW, Rotes Kreuz usw. mitarbeiten, über Gemeindegrenzen hinweg. Dies soll überhaupt nicht das Engagement ehrenamtlicher Leute in Vereinen allgemein schmälern, sondern nur eine herausragende und enorm wichtige freiwillige Leistung an der Allgemeinheit würdigen.
Ein absolutes Hauptthema bei uns ist nach wie vor eine Klimapolitik der Stadt Traunstein im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten. Hervorzuheben ist bei den beschlossenen 18 Maßnahmen zum Klimaschutzkonzept das Solarförderprogramm, welches regen Zuspruch bei den Bürgern erfährt und zugleich die Wirtschaftskraft stärkt, indem die Fördergelder in der Regionalwährung Chiemgauer ausgezahlt werden, welche wieder in die Region zurückfließen. Eine weitere wichtige Maßnahme daraus wäre die Versorgung der Kitas, Kindergärten und Schulen mit regional – biologischen Lebensmitteln. Gerade für Heranwachsende ist die Möglichkeit stetiger, gesunder Ernährung von immenser Bedeutung für eine stabile Entwicklung fürs Leben. Laut unserem Oberbürgermeister ist man derzeit in erfolgsversprechenden Verhandlungen mit einem Caterer, bei dem auch der Preis angemessen ist, sodass hoffentlich bald in dieser Sache ein Erfolg gemeldet werden kann.
Die Beachtung der 3 E`s.-d.h. erneuerbare Energien einsetzen, Energie sparen, und auf Energieeffizienz setzen, haben mehr denn je Bedeutung , wie man insbesondere seit dem Ukrainekrieg mit dem abrupten Gasstop aus Russland deutlich zu spüren bekommt. In diesem Zusammenhang möchte ich eindringlich werben, bei kommenden Gesprächen z.B. über die Windkraft, sich offensiv dazu zu bekennen. Ab dem kommenden Jahr ist zu befürchten, dass uns die Standorte als privilegierte Flächen vom Bund zugewiesen werden und dann jeder Investor dort Windräder errichten darf. Noch haben wir es in der Hand, unsere Standorte selbst zu bestimmen und die volle Wertschöpfung in Form von Bürgerwindrädern oder bei den Stadtwerken zu belassen.
D.h. aber ganz klar für uns, dass diese Technik nicht planlos und um jeden Preis angeschafft wird, sondern genau abgewogen werden muss zwischen einem für Mensch und Natur verträglichen Standort und wirtschaftlicher Betrachtung. Möglichkeiten, beides in Einklang zu bringen, sind auf alle Fälle bei uns vorhanden.
Zur Zeit aktuell ist das Radverkehrskonzept, für das wir uns auch zu Beginn der Wahlperiode vor knapp 3 Jahren eingesetzt haben. Ich muss zugeben, dass wir seitdem, auch wenn inzwischen ein Konzept von einer beauftragten Firma vorliegt, ziemlich ernüchtert sind. Jetzt erst wird mit der ersten Investivmaßnahme begonnen. Diese von Haslach zum Maxplatz führende Route wird von uns, nur vorbehaltlich der kommenden Förderzusage mitgetragen, da hierfür hohen Kosten von ca. 1,5 Mio. € entstehen. Wir werden genau beobachten, ob sich durch diese Maßnahme der gewünschte Erfolg einstellt, nämlich eine signifikante Mehrung von Radverkehrsteilnehmern, welche den Autoverkehr mindern helfen und die Sicherheit der Radfahrer erhöhen soll. Das ist auch maßgebend, ob wir weiteren angedachten Investivmaßnahmen zustimmen, oder ob es nicht besser wäre, eine Korrektur an der anfänglichen Euphorie vorzunehmen. Dazu kann man sich sehr wohl an dem konzipierten Streckennetz orientieren, aber da und dort praktische Veränderungen zur Erhöhung der Sicherheit und Mobilität der Bürger planen.
Und das leitet mich über zum für uns ebenfalls sehr wichtigen Dauerthema Verkehrsbelastung in unserer Stadt. Eine Ressourcenbindung unserer Verwaltung für die angedachte Planung eines sog. Mobilitätshauses für Autos am Karl-Theodor –Platz, lehnen wir als völlig aus der Zeit gefallen ab. Neben schwindelerregenden Kosten die sicher auf uns zukommen, werden die Anwohner in der Au durch den dann stark steigenden Verkehr über Gebühr belastet. Neben jetzt schon meist ausreichenden Parkplätze in der Tiefgarage, wenn der Karl-Theodor- Platz voll ist, ist für uns wie schon mehrfach erwähnt, ein effektiverer ÖPNV notwendig. Dies könnte man erreichen, wenn man 2 Busse in der Größe unserer jetzigen Rufbusse an den vorgegebenen Haltestellen vorbei in entgegengesetzter Richtung durchgehend fahren ließe. Anrufen wäre nicht mehr nötig und man könnte eine Taktung je Haltestelle von 20 bis 30 Minuten erreichen. Die Fahrgastzahlen werden stark steigen und den Individualverkehr mit dem Auto verringern. Ebenso würde das das jetzige Defizit des Rufbusses von 320 000 € vermindern, noch dazu, wenn man dann den günstigen Preis von 100 € pro Jahreskarte verlangt, statt den jetzigen Symbolpreis von 36,50 €. Wenn dann noch endlich der Landkreis, wie schon so oft angekündigt, eine effektive Reform des ÖPNV seinerseits hinbringt, dann kann vom auch Umland her das immer massiver werdende Verkehrsproblem in unserer Stadt erheblich gemindert werden.
Wenn dazu erst kürzlich der Oberbürgermeister sagte, dass eine solche Reform des ÖPNV zwar richtig wäre, aber angeblich ca.unbezahlbare 60 Mio € kostet, ist das wie eine Kapitulation vor der immer größer werdenden Verkehrsbelastung. Hier ist Zusammenarbeit gefragt!
Sehr erfreulich ist, dass es jetzt mit der Realisierung der Turnhalle in Kammer klappt. Dies ist ein großer Gewinn für die Kinder und die Dorfgemeinschaft dieses großen Ortsteils und der Umgebung.
Hier darf man anerkennend feststellen, dass es unserem Oberbürgermeister durch Intervention bei unserem Ministerpräsidenten gelang, einen hohen Sportstättenförderzuschuss von ca. 2,7 Mio € zu bekommen, ohne den der Bau nicht finanzierbar gewesen wäre.
Ein sehr wichtiges Thema möchte ich noch erwähnen, das derzeit extrem hohe Defizit in unseren Kitas und Kindergärten. Dies entsteht hauptsächlich durch die einheitlichen Gebühren in allen Einrichtungen. Die anfallenden Kosten in den Einrichtungen gehen weit auseinander und verursachen beim derzeit 100%igen Defizitausgleich entsprechend ungleich hohe Kosten für die Stadt. Wir stehen hinter dem Ansinnen der Verwaltung, dass dringend eine klare Transparenz in der Kostenaufstellung bei den einzelnen Trägern hergestellt werden muss, unabhängig vom jeweiligen pädagogischen Konzept. Ebenso sollte überlegt werden, den Einrichtungen mehr Spielraum bei der Gebührenfestlegung zu geben, z. B. durch einen vorgegebenen Korridor für die Gebühren. Aus unserer Sicht führt dies zu mehr Gerechtigkeit und zusammen mit der Deckelung des Defizitausgleichs würde es Ausuferungen in den Kosten vorbeugen. Wir hoffen bei diesem wichtigen Thema auf eine möglichst geschlossene Entscheidung des Stadtrats. Dass die Stadt sehr viel tut und viel Geld aufwendet im Bereich Kinderbetreuung, ist sicher unstrittig.
Das war ein Auszug aus noch vielen Themen, wie wir dieses oder jenes sehen. Wir finden es gut, wenn sich Bürger kritisch einmischen und Stellung beziehen, ob positiv oder negativ. Nur dann kann man auch eigene Denkschablonen hinterfragen und da und dort etwas ändern. Aber die grundsätzliche Denkrichtung zu wichtigen Themen sollte dem Bürger ersichtlich sein. Ich hoffe das
gelingt uns.
Ansonsten danke ich auch allen Stadträten für den Respekt im Umgang miteinander, auch wenn die Diskussion oft noch so kontrovers und hitzig erscheinen.
Die Traunsteiner Liste stimmt dem Haushalt 2023 sowie dem Haushaltsplan zu.
Dem Finanzplan bis 2026 mit dem Vorbehalt, dass evtl. unumgängliche Finanzmittel von der Stadt bereitgestellt werden, für eine erfolgreiche Umsetzung einer schlüssigen Dekarbonisierungsstrategie, welche die Stadtwerke ausarbeiten.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit!